AGRANA - Ausnahme für Zucker bei "Lamy-Initiative" macht Weg frei für die Verlängerung der Zuckermarktordnung bis zum Jahr 2006

Die Initiative von Kommissar Lamy konnte in ihren Auswirkungen auf Zucker im Allgemeinen Rat - bei dem Bundesminister Bartenstein Österreich vertrat - weitgehend entschärft werden.

Datum: 05.03.2001

Die Initiative von Kommissar Lamy konnte in ihren Auswirkungen auf Zucker im Allgemeinen Rat - bei dem Bundesminister Bartenstein Österreich vertrat - weitgehend entschärft werden.

Noch im September des Vorjahres sah es danach aus, dass Lamy's überraschender Vorschlag, den 48 ärmsten Entwicklungsländern (LDC's - Least Developed Countries) einen zollfreien Zugang zum europäischen Binnenmarkt für "Alles außer Waffen" (EBA - Everything but arms) zu gewähren, destruktive Folgen für den Außenschutz des EU-Zuckermarktes nach sich zu ziehen drohte. Ein wesentliches Element der Zuckermarktordnung, der Außenschutz, wäre damit Makulatur geworden.

Die Zuckermarktordnung (ZMO) drohte der diplomatischen Verharmlosung der wirtschaftlichen Konsequenzen der "Lamy-Initiative" und der außenpolitischen Raison im Entwicklungshilfebereich zum Opfer zu fallen.

Die breit geäußerten Proteste führten zur Erstellung einer Impact-Studie durch die Kommission. Diese lag letztlich Ende Jänner 2001 vor und konnte die Bedenken  hinsichtlich regionaler Ursprungskumulierung - was nichts anderes heißt, als daß auch Zucker von Nicht-LDC's zollfrei in die EU gelangen kann - nicht zerstreuen, im Gegenteil: Das Importpotential wurde mit 2,7 Mio t Zucker - immerhin rund 20% der EU-Quote - beziffert. Die Kosten dafür werden mit einer Milliarde EURO angegeben.

Dank des Engagements der Vertreter des Landwirtschafts- und Wirtschaftsressorts in den diversen EU-Gremien und insbesondere durch die klare Position von Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer konnte die ursprüngliche "Lamy-Initiative" keine Mehrheit finden.

Ein in der Folge zwischen EU-Agrarkommissar Fischler und EU-Außenhandelskommissar Lamy ausgehandelter Kompromissvorschlag lautete zuletzt auf Ausnahme von Reis, Bananen und Zucker bis zum Jahr 2006, wobei den LDC's eine jährlich um 15% steigende zollfreie Rohzuckerimportquote - beginnend 2001 mit rund 74.000 t Weißwert - zugesagt wird. Von 2006 sollte dann sukzessive bis 2009 - ohne Wenn und Aber - der Außenschutz auch für Zucker gegenüber den 48 LDC's fallen.

Der Versuch, eine Automatik dieser Liberalisierung mittels einer "Review 2006" zu verhindern, konnte nicht durchgesetzt werden, allerdings sieht der endgültige Kompromiss im Allgemeinen Rat nun vor, dass die Kommission

  • 2005 über die Entwicklung berichtet,
  • automatisch prüft, ob die Schutzklausel zu beanspruchen ist, wenn die Importe um mehr als 25% gegenüber dem vorangegangenen Jahr angestiegen sind,
  • prüft, ob tatsächlich die LDC's von den Maßnahmen profitieren und
  • verpflichtet ist, die Importe sorgfältig zu verfolgen sowie Betrug raschest aufzudecken.
  • Weiters wird die Kommission die Liste der nicht ursprungsbegründenden Be- und Verarbeitungsverfahren ohne wesentliche Werterhöhung - analog zu den überseeischen Ländern und Gebieten (ÜLG's), bei denen es zuletzt diesbezüglich Betrugsfälle bzw. Missbräuche großen Ausmaßes gegeben hat - überarbeiten.
  • Letztlich sagte die Kommission zu, auch die Ursprungsregeln in konstruktiver Weise zu ergänzen.

Dieser Kompromiss wäre ohne die Überzeugungsarbeit des österreichischen Landwirtschaftsministeriums auf nationaler Ebene und die solidarische Haltung des Wirtschaftsressorts nicht durchzusetzen gewesen.

Es wird nun an der Zuckerindustrie und der nationalen Politik liegen, die Zusagen der Kommission einzufordern - die Ansatzpunkte dafür sind vorhanden.

Mit der Abänderung der "Lamy-Initiative" ist ein wesentlicher Stolperstein auf dem Weg zu einer Verlängerung der ZMO bis 2006 - in Harmonisierung mit der Laufzeit der Agenda 2000 - beiseite geräumt.

Bundesminister Bartenstein hat mit der österreichischen Zustimmung zur abgeänderten "Lamy-Initiative" die dringende Beschlussfassung über eine Abänderung des ZMO-Reformvorschlages in Richtung Verlängerung der derzeitigen Regelung bis Mitte 2006 verbunden.

Es gilt, dieses bewährte Instrument der ZMO möglichst unverändert zu verlängern.

  • Die ZMO belastet nicht das EU-Budget,
  • entspricht den WTO-Bedingungen,
  • hat effiziente Mengen-Regelmechanismen,
  • unterliegt dem Prinzip der Selbstfinanzierung,
  • sorgt für eine ausreichende Angebotssituation

und bietet Rübenproduzenten und -verarbeitern stabile und verlässliche Rahmenbedingungen.

Zucker kostet heute in Österreich nominell das Gleiche wie im Jahr 1982 und kaufkraftmäßig weniger als zwei Drittel dessen!