Erstes Jahr ohne Marktordnung im Stärkekartoffelbereich – die Branche stellt sich den neuen Herausforderungen

Mit dem Auslaufen der europäischen Marktordnung für Kartoffelstärke Ende 2011 sehen sich Landwirtschaft und Industrie nun mit neuen Rahmenbedingungen konfrontiert.

Datum: 14.09.2012

Mit dem Auslaufen der europäischen Marktordnung für Kartoffelstärke Ende 2011 sehen sich Landwirtschaft und Industrie nun mit neuen Rahmenbedingungen konfrontiert. Zwar sind die zunächst befürchteten Rückgänge in der Produktion vorerst ausgeblieben, jedoch braucht es künftig Unterstützungen, um den Bereich längerfristig zu stabilisieren - „beispielsweise in Form von gekoppelten Zahlungen“, so Alfred Sturm, Obmann der Vereinigung Österreichischer Stärkekartoffelproduzenten (VÖSK). Auch die Industrie fordert Maßnahmen zur nachhaltigen Unterstützung des Sektors. „Es wäre leichtfertig, die in den vergangenen Jahren aufgebauten Strukturen aufs Spiel zu setzen“, so DI Johann Marihart, Vorstandsvorsitzender AGRANA Beteiligungs-AG.

Kartoffelstärke findet sich in zahlreichen Produkten des täglichen Bedarfs - so etwa in Fertiggerichten und Babynahrung, aber auch in technischen Produkten wie Klebstoffen, Papier, Textilien, Medikamenten oder Kosmetikprodukten.

Die Kartoffelstärkeproduktion in Österreich.
In Österreich werden rund 22.000 ha für die Erdäpfelproduktion genutzt. Etwa ein Drittel davon sind Stärkekartoffeln, die von rund 1.500 landwirtschaftlichen Betrieben produziert werden. 10% davon produzieren biologisch.

Etwa die Hälfte der in Österreich produzierten Stärkeindustriekartoffeln wird im Waldviertel angebaut. Dort gibt es aus klimatischen bzw. geologischen Gründen oftmals wenig pflanzenbauliche Alternativen. Die Stärkekartoffelproduktion ist für viele Betriebe ein wichtiger Bestandteil ihres Einkommens und sichert in einigen Regionen des Waldviertels den Fortbestand als Vollerwerbsbetrieb. Die Produktion von Stärkekartoffeln garantiert auch Arbeitsplätze und Wirtschaftsstandorte im vor- und nachgelagerten Bereich, etwa bei der Pflanzgutproduktion, den Herstellern der Betriebsmittel und bei der Verarbeitung. So ist das Kartoffelstärkewerk in Gmünd mit ca. 350 MitarbeiterInnen einer der bedeutendsten Arbeitgeber in der Region.

GAP 2014-2020: Forderungen aus der Sicht von Produktion und Industrie
„Wir haben heuer das Glück, dass die Stärkepreise auf gutem Niveau sind und entsprechende Preise für die Stärkekartoffeln an die ProduzentInnen weitergegeben werden können. Aber wir hatten auch schon schlechte Jahre, in denen man ohne die bisherige Unterstützung kaum produzieren hätten können“ erklärt VÖSK Obmann Alfred Sturm. Sturm fordert daher auch im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von 2014 – 2020 sektorspezifische Maßnahmen für Stärkekartoffeln. Der Entwurf von EU-Agrarkommissar Ciolos zur GAP nach 2013 sieht Möglichkeiten vor, auch in Zukunft besondere Maßnahmen für spezielle Produktionssparten festzulegen. Es gilt nun, diese zu nutzen und damit einen traditionellen Produktionszweig in Österreich abzusichern.

„Wir wissen auch, dass wir uns dabei nicht nur auf die Politik verlassen dürfen. Auch wir müssen unsere Hausaufgaben machen“, so Sturm weiter. Einige Schritte in diese Richtung wurden bereits gesetzt: so gab es zahlreiche Infoveranstaltungen für Landwirte, in denen das für die Stärkekartoffelproduktion wichtige Spezialwissen vermittelt und diskutiert wurde. „Unsere Betriebe sind auf einem guten Weg Richtung Professionalisierung“ blickt Obmann Sturm optimistisch in die Zukunft.

AGRANA hat bereits vor einigen Jahren in den Ausbau der Weiterveredlung von Stärke am Standort Gmünd investiert - mit dem Ziel, höhere Produktpreise am Markt zu lukrieren und damit unabhängiger von den Getreidestärken zu werden. Der konsequente Ausbau der Bio-Kartoffelstärkeproduktion aus kontrolliertem Anbau, in welcher AGRANA  zu den führenden Produzenten europaweit zählt, ist ebenfalls Teil der Veredelungsstrategie im Stärkebereich. Ob diese marktseitigen Maßnahmen auf lange Sicht ausreichen, um die Kartoffelstärkeproduktion in Österreich sicherzustellen, bleibt jedoch angesichts der strukturellen Nachteile abzuwarten: Rund die Hälfte der Stärkekartoffeln werden aus dem Waldviertel mit kleinen landwirtschaftlichen Betrieben bezogen. Mit etwa 3-4 ha Stärkekartoffeln liegt der durchschnittliche österreichische Stärkekartoffelbetrieb weit unter seinen Berufskollegen in Deutschland, Holland und Skandinavien mit entsprechenden Nachteilen in der Kostenstruktur. „Vor diesem Hintergrund ist es daher aus Sicht der Industrie absolut notwendig, den Sektor bei der Neugestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2014 gezielt zu unterstützen“, so AGRANA-Vorstandsvorsitzender DI Johann Marihart. „Das Auslaufen der Kartoffelstärke-Marktordnung fiel glücklicherweise auf hohe Zucker- und Getreidestärkepreise, sodass der Übergang bisher ohne größere Verwerfungen erfolgte. Aktuell erzielt Kartoffelstärke gegenüber Getreidestärke durch die Nichtregulierung trotz höherer Wertigkeit keinen Bonus mehr. Um den Anbau unter diesen Umständen weiter zu sichern, braucht es eine gesonderte Unterstützung zur Abgeltung des Mehraufwandes des Kartoffel- gegenüber des Getreideanbaus“, konkretisiert Johann Marihart die Forderungen von AGRANA.

Über VÖSK
Die Vereinigung österreichischer Stärkekartoffelproduzenten wurde 1997 gegründet, um die Interessen der Stärkekartoffelanbauer zu vertreten. Alle derzeit etwa 1.500 stärkekartoffelproduzierenden LandwirtInnen Österreichs sind Mitglieder bei der VÖSK. Neben Austausch und Weitergabe von Fachwissen ist die Vertretung gegenüber öffentlichen Institutionen und gegenüber dem Abnehmer eine Kernaufgabe des Verbandes. Darüber hinaus Vertritt VÖSK Obmann Alfred Sturm die Österreichischen ProduzentInnen auch im europäischen Stärkekartoffelverband CESPU.

Über AGRANA
AGRANA ist das führende Zuckerunternehmen in Zentral- und Osteuropa, ist bei Stärke ein führender Anbieter von Spezialprodukten in Europa sowie bedeutender Bioethanolproduzent in Österreich und Ungarn. Mit ihrer Anlage in Gmünd betreibt AGRANA Österreichs einzige Kartoffelstärkefabrik. Im Segment Frucht ist AGRANA Weltmarktführer in der Herstellung von Fruchtzubereitungen für die Molkereiindustrie und einer der führenden Produzenten von Fruchtsaftkonzentraten in Europa. AGRANA erwirtschaftet mit rund 8.000 Mitarbeitern an 56 Produktionsstandorten in 26 Ländern weltweit Umsatzerlöse von über € 2,5 Mrd.

Bildunterschrift: v.l.n.r:
Johann Marihart (AGRANA-Vorstandsvorsitzender), Alfred Sturm (Obmann VÖSK), Ferdinand Lembacher (Pflanzenbaudirektor NÖ Landwirtschaftskammer), Gerhard Seidl (Stärkekartoffelproduzent aus dem Waldviertel)

Fotocredits: AGRANA

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